Ein
Wandbild aus Nicaragua- das Bild ist Angst!
Das Wandbild aus der Zeit der 
    ersten Wahlen nach Sturz der Somoza-Diktatur kann zwecks Diskussion zahlreicher 
    typischer lateinamerikanischer Probleme eingesetzt werden. Die politische 
    Entwicklung Nicaraguas nach der "Befreiung" von den Spaniern ist 
    typisch: USA-unterstützte 
    Militärs, Großgrundbesitzer 
    und verfilzte Clans beherrschten mit höchster Brutalität das Land 
    bis die sandinistische Revolution 1979 den "letzten Diaktator" Somoza 
    aus dem Land treibt (nachdem die USA ihn wegen allzu großer Brutalität 
    haben fallen lassen). Die darauf folgenden Jahre der sandinistischen Regierung 
    waren geprägt von einem schlagartigen Ende aller Kriminalität, einer 
    Gesundheits- und Bildungsreform (Analphabetismus ging von 42 auf 13% zurück) 
    und einer "Garantie von Grundnahrung" - aber auch einem zermürbenden 
    Bürgerkrieg der Contras gegen die sandinistische Armee und die Beválkerung 
    sowie einem Rückgang der "Wirtschaftsleistung" (nach Expertenmeinung 
    bedingt durch "zu viele Reformen für die kleinen Leute" und 
    dadurch verursacht zu geringe Produktivität). 1990 wurden die Sandinisten 
    abgewählt, weil die USA bei einem Regierungswechsel eine Ende des Bürgerkriegs 
    und Wirtschaftshilfe versprachen. Ersteres geschah, letzteres nicht, da die 
    neue Regierung nicht so willig war wie erwartet. Seither geht es mit Nicaragua 
    so sehr bergab, dass das Land inzwischen zu den allerärmsten der Welt zählt und 
    das ärmste Land Lateinamerikas ist. Nach Wahlsiegen bei sämtlichen Kommunalwahlen 2000/01 unterlagen 
    die Sandinisten Ende 2001 erneut knapp einer Koalition der bürgerlichen 
    Parteien.
                                                                       
      
Beschreibung des Bildes:
Vorne 
    im Foto sieht man den "richtigen" Gehweg, das Bild hat also natürliche 
    Größe und ist so gemalt, dass man meint, es stelle eine wirkliche 
    Straße und Häuserflucht dar. Die weißen Flecken vorn in der 
    Straßenmitte sind abgeblätterte Wandfarbe, also eine "reale" 
    Zerstörung, die sich aber wie gewollt ins Bild einfügt.
Vorne 
    liegen tote Menschen, links laufen welche davon, rechts an der Wand steht 
    FSLN (der Namenszug der sandinistischen Befreiungsbewegung, darüber die 
    Sandino-Farben rot-schwarz). Rauchschwaden zeugen von einem Masacker oder einem Kampf, der soeben 
    stattgfunden hat. Bedrohlich im Hintergrund der CIA-Helm (USA-Geheimdienst, der praktisch 
    alle lateinamerikanischen Militärputsche logistisch und real unterstützt 
    hat und die Militärregierungen "berät"), um ihn herum 
    viele "GI"-Helme, die Vasallenarmee des Diktators Somoza. 
Auf 
    diesem brutalen kriegerischen und von Angst und 
    Schrecken geprägten Chaos erhebt sich eine "reale Vision", die nach oben, gen Himmel 
    strebt: Auf einer Handwerksleiter steigt ein Maurer nach oben, die Mauer ist 
    sein Werk (ob es gegen die Schlange schützt?), und über ihm, fast 
    wie eine Mauer geformt, die Umrisse des Landes Nicaragua. Drauf steht "Agrarreform". 
    Einer der vielen Hoffnungsschimmer des Landes und der armen Bevölkerung 
    (= Enteignung der Großgrundbesitzer, Verteilung des Landes auf die Bauern 
    und gemeinschaftliche Bewirtschaftung in Genossenschaften). Parallel dazu 
    rechts ein Mädchen, das eine Schulkleidung trägt und die Alphabetisierungskampagne 
    "ABC" stützt. Neben der Enteignung der Großgrundbesitzer 
    war die Bildungsreform das wichtigste Ziel der neuen sandinistischen Partei,  
    für die das Wandbild werden sollte. Schuluniform bedeutet für ein 
    armes Land nicht nur Bildung, sondern auch staatlich bezahlte "Kleidung 
    für alle": alle Menschen haben Anspruch auf Bildung und Kleidung... 
    Auf dem Buchstaben A sitzt ein sandinistischer Soldat - denn ohne Waffen läßt 
    sich die Revolution nicht verteidigen, da der Feind (CIA und 
    später dann die "Contras", die einen zermürbenden Bürgerkrieg 
    gegen die gewählte Regierung führten und von den USA finanziert 
    wurden) mit aller Gewalt kämpft -. Der Soldat wird als Beschützer 
    und nicht als Feind dargestellt, weil er ein Baby im Arm hält. Die Waffe 
    hält er siegreich in die Höhe. Auf dem Buchstaben C sitzt ein Bauer 
    (campesino), der ein Buch hält oder in einem Buch liest. Der volksnahe 
    Kämpfer und der gebildete Bauer sind die beiden Träger des erhofften 
    gesellschaftlichen Fortschritts.
In 
    der zentralen Mitte des Bildes die Wahlurne und die Aufforderung "Wähle!" 
    Zwei Hände stecken ihren Wahlzettel ein. Die Wahlurne als Symbol zerschmettert 
    den Kopf einer Hydra, einer bösen Schlage, die dem CIA-Helm entspringt. 
    Diese Hydra/Schlange ist nicht ungefährlich, hat sie doch mehrere Köpfe, 
    eine scharfe Zunge, die die Hand am Wühlen hindern will. Wenn der eine 
    Kopf zerschmettert ist, entsteht ein neuer an anderer Stelle (= Prinzip der 
    Hydra). Die Farben der Hydra sind die von Somoza, die Sternchen weisen auf 
    die USA. 
 
 
 
Das Wandgemälde nennt sich in der Fachsprache Mural, weitere Informationen unter: